Kirche sucht den Super-Papst





Herzlich willkommen zu unserem heutigen Ü30-Gottesdienst. Sie kennen das ja schon von uns: Zum Auftakt erzählen wir immer, wie schwierig die Themenfindung gewesen ist und wie wir uns in der Vorbereitung die Köpfe heiß diskutiert haben. Immer dasselbe mit denen von Ü30, sagen Sie wahrscheinlich.

Dieses Mal war es natürlich wieder so wie immer, aber irgendwie dann doch ganz anders. Denn das Thema war eigentlich schon bei unserem ersten Treffen klar: Benedikt hatte seinen Rücktritt angekündigt, ein neuer Papst war zwar noch nicht gewählt, aber wir wussten, irgendwie würden wir am Thema ?Papst? nicht vorbeikommen.

Aber wie gesagt, unser erstes Treffen war lange vor dem Konklave. Uns interessierte also zunächst einmal, ganz unabhängig von der Person, das Phänomen ?Der Papst als Superstar?. Als jemand, der mit seinen Auftritten Stadien füllt, dem beim Weltjugendtag Zehntausende zujubeln, der gar nichts sagen oder tun muss, sondern einfach da ist und schon eine Botschaft aussendet. So weit waren wir uns also diesmal einig.

Als wir uns zum zweiten Mal getroffen haben, hatten wir mittlerweile einen neuen Papst. Und dann fingen wir doch wieder an zu diskutieren: Soll es im heutigen Gottesdienst nun um Franziskus gehen, also um den neuen Superstar? Was wir uns von ihm erwarten oder erhoffen? Genügend Zeichen, dass er manches anders machen will als sein Vorgänger, hat er ja bereits gesetzt ? oder reden wir uns das vielleicht nur ein?

Oder kümmern wir uns doch weiter um unser Ursprungsthema und fragen uns: Warum reicht ein bisschen weißer Rauch über dem Vatikan aus, um den ganzen Petersplatz in Ekstase zu versetzen? Warum löst es ein solches weltweites Medienecho aus, wenn sich eine Kirche, der gerade einmal ein Sechstel der Weltbevölkerung angehört, ein neues Oberhaupt wählt?

Irgendwie haben wir uns natürlich auch dieses Mal einigen können und laden Sie herzlich ein, heute gemeinsam darüber nachzudenken, was dieser Papst für uns bedeutet und was ?der Papst? ganz allgemein für die Kirche und für die Welt bedeutet.




Bunte Vögel im Vatikan



Bei offiziell 266 Päpsten kommen einige- flapsig formuliert - bunte Vögel zusammen. Inoffizielle Zahlen sprechen von 307 kirchenhistorisch relevanten Kirchenoberhäuptern.

Drei Päpste starben noch vor ihrer Weihe zum Bischof von Rom. Durchschnittlich dient ein Papst ca. 7 ½ Jahre. Wobei 32 Jahren am längsten und 4 Tage am kürzesten - die statistischen Ausreißer bilden.

Historisch belegt gilt der Bischof von Rom erst seit dem 4. Jahrhundert als Oberhaupt der katholischen Kirche in Rom. Historikerinnen haben für die Zeit davor auch Bischöffinnen von Rom ausgemacht. Die beanspruchte Vorrangstellung galt allerdings nur für den Westen. Und über seine Rolle streiten die Kirchen, die Theologen und Theologinnen, die Bischöfe und die Bischöffinnen und die Gläubigen noch heute.

Interessanterweise hat es nur einen Papst namens Petrus gegeben. Hat das etwas mit Respekt zu tun oder ist sein Lebensbeispiel nicht zum Vorbild geeignet? Verheiratet, Verräter und Leugner, ungebildeter Fischer und die Todesart ist auch nicht erstrebenswert.

Die Namenshitliste führt der Name Johannes an. Diesen Namen gab es 22 Mal. Und hier liegt ein Problem, denn es gab einige nicht sehr beliebte Gegenpäpste mit diesem Namen und deswegen hatte es nach 1415 keinen Papst mehr mit diesem Namen gegeben. Zumal die Zählung nicht klar war. Erst Johannes XXIII wählte diesen Namen und da war klar hier kommt ein ganz ungewöhnlicher Mensch. Gregor, Benedikt, Leo, Innozenz und Pius waren auch sehr beliebt.

Papst Franziskus ist am weitestens entfernt von Rom geboren. Er schlägt damit Sixtus II, Johannes Paul II und Petrus.

Nun noch einige Porträts, falls sie mal in die Situation kommen ein Papstquartett spielen zu müssen:

? Gregor V (996-999) geboren als Bruno, Sohn des Herzogs Otto von Kärnten, wurde mit nur 24 Jahren von seinem Vetter Otto III. zum ersten deutschen Papst gekrönt.  Drei Wochen später revanchierte er sich und krönte den 16 jährigen Otto zum Kaiser.

? Leo X (1513-1521) geboren als Giovanni die Medici, war ein Freund der Künste und der leichten Lebensart. Als Feldherr gegen Spanien war er allerdings glücklos. Und der deutsche Hang nach konsequenter theologischer Arbeit und Reform blieb im fremd. Er verhängte den Bann über Martin Luther.

? Die ?nach wie vor aktuelle und wegweisende ? katholische Soziallehre wurde von Papst Leo XIII (1878-1903) mit der Enzyklika Rerum Novarum begründet. Er gilt als der bedeutendste Papst des 19. Jahrhunderts.

? Sein direkter Nachfolger Papst Pius X (1903-1914) war gütig im Auftreten, aber als glühender Antimodernist bekämpfte er die moderne Kultur mit allen Mitteln.

? Benedikt XV (1914-1922) stellte sich den Herausforderungen der Zeit und versuchte einen Waffenstillstand im 1. Weltkrieg zu vermitteln und innerkirchlich beendete er die Bekämpfung der Moderne.

? Johannes Paul II (1978-2005) war beliebt und ebenso konservativ. Er war der erste nicht-italienische Papst seit 1523. Er reiste gerne und viel und liebte große Veranstaltungen, z.B. einen Gottesdienst mit 4 Millionen Teilnehmern und Teilnehmerinnen in Manila.

Die Liste ist beliebig verlängerbar und die Kirche hat alle ihre Päpste überlebt. Gott sei Dank. Wir dürfen auf den Neuen gespannt sein.

Übrigens: Pius IX (1846-1878) machte als letzter Ausflüge mit dem päpstlichen Dampfsegler ?Immacolata Concezione?.

Nicole Wolf





Rede vor dem Konklave


Bevor die Kardinäle sich im Konklave zur Wahl des neuen Papstes versammelt hatten, hielt Kradinal Jorge Mario Bergoglio eine Ansprache. Der Text dieser Ansprache ist von Kardinal Ortega aus Havanna mit Genehmigung des Papstes veröffentlicht worden und liegt in deutscher Übersetzung vor:

Ich habe Bezug genommen auf die Evangelisierung. Sie ist der Daseinsgrund der Kirche. Es ist die süße, tröstende Freude, das Evangelium zu verkünden. Es ist Jesus Christus selbst, der uns von innen her dazu antreibt.

1. Evangelisierung setzt apostolischen Eifer voraus. Sie setzt in der Kirche kühne Redefreiheit voraus, damit sie aus sich selbst herausgeht. Sie ist aufgerufen, aus sich selbst herauszugehen und an die Ränder zu gehen. Nicht nur an die geografischen Ränder, sondern an die Grenzen der menschlichen Existenz: die des Mysteriums der Sünde, die des Schmerzes, die der Ungerechtigkeit, die der Ignoranz, die der fehlenden religiösen Praxis, die des Denkens, die jeglichen Elends.

2. Wenn die Kirche nicht aus sich selbst herausgeht, um das Evangelium zu verkünden, kreist sie um sich selbst. Dann wird sie krank (wie z. B. die gekrümmte Frau im Evangelium). Die Übel, die sich im Laufe der Zeit in den kirchlichen Institutionen entwickeln, haben ihre Wurzel in dieser Selbstbezogenheit. Es ist ein Geist des theologischen Narzissmus. In der Offenbarung sagt Jesus, dass er an der Tür steht und anklopft. In dem Bibeltext geht es offensichtlich darum, dass er von außen klopft, um hereinzukommen. Aber ich denke an die Male, wenn Jesus von innen klopft, damit wir ihn herauskommen lassen. Die egozentrische Kirche beansprucht Jesus für sich drinnen und lässt ihn nicht nach außen treten.

3. Die um sich selbst kreisende Kirche glaubt ? ohne dass es ihr bewusst wäre ? dass sie eigenes Licht hat. Sie hört auf, das ?Geheimnis des Lichts? zu sein, und dann gibt sie jenem schrecklichen Übel der ?geistlichen Mondänität? Raum (nach Worten Henri de Lubacs das schlimmste Übel, was der Kirche passieren kann). Diese (Kirche) lebt, damit die einen die anderen beweihräuchern.

Vereinfacht gesagt: Es gibt zwei Kirchenbilder: die verkündende Kirche, die aus sich selbst hinausgeht, die das ?Wort Gottes ehrfürchtig vernimmt und getreu verkündet?; und die mondäne Kirche, die in sich, von sich und für sich lebt. Dies muss ein Licht auf die möglichen Veränderungen und Reformen werfen, die notwendig sind für die Rettung der Seelen.


Übersetzung: KNA



Weide meine Lämmer (Johannes 21,1-19)


In jener Zeit offenbarte Jesus sich den Jüngern noch einmal. Es war am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.

Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus - Zwilling -, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.

Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.

Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.

Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See.

Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot - sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.

Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot. Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt. Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.

Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch.

Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war. Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer!

Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!

Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!

Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.

Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!



Der Erwählte


Der Schriftsteller Thomas Mann schildert in seinem Roman ?Der Erwählte? die bewegte Lebensgeschichte des Gregorius, ?einem Kind der Sünde?, wie es heißt, der später zum Papst bestimmt wird. Der Erzähler beschreibt die Krönung des neuen Papstes mit folgenden Worten:

Glockenschall, Glockenschwall supra urbem, über der ganzen Stadt, in ihren von Klang erfüllten Lüften! Drei Tage und Nächte lang waren die Glocken Roms nicht zu halten, sie läuteten einhellig mit größter Gewalt an allen Punkten, und so mochte die populatio entnehmen, dass ein Papst von außerordentlicher Heiligkeit im Anzuge sei. Das berühmte Rom empfing ihn mit Jauchzen. Himmelauf schwang sich da aus vieltausend weit klaffenden Mündern der Lobgesang:

?Ihr Völker jubelt allzumal,
Judäa, Rom und Graecia,
Ägypter, Thraker, Perser, Skythen,
Ein König herrscht ob allen!?

Das war er, der über all diese bunte Notdurft der Erde als König gesetzt war, und dem, während er die gestreckten Marmorstufen zum Atrium der Grabeskirche emporstieg, der Gesang der Priester entgegenschwoll: ?Benedctus qui venit in nomine Domini.? Vor allem Volk, auf der Plattform vorm Eingang zum säulenumstandenen Paradisus, empfing er aus den Händen des Archidiakonus auf sein Haupt die dreifache Krone der Tiara, das Pallium um seine Schultern, den Hirtenstab in die Hand und den Fischerring an seinen Finger. Es heißt, dass währenddem, oder schon während seines Einzuges in die Stadt, die erzenen Statuen der Apostel Paulus und Petrus auf ihren Säulen ein jeder seine Insignie, der eine das Schwert der Erde, der andere die Schlüssel des Himmels, freudig erhoben hätten, hoch empor. Das stehe dahin. Ich leugne es weder, noch mache ich den Glauben daran zur Pflicht.

Gregorius aber wurde in viele Gewänder gekleidet: die Falda aus weißer Seide, die Albe von Leinen und Spitzen mit goldener Hüftschnur, in Schultertücher, golden und rot durchwirkt, dazu in drei Messgewänder, eins über dem anderen, nicht eingerechnet Stola, Manipel und Gürteltuch, weißseiden alles und goldbestickt. Die päpstlichen Strümpfe tat man ihm an, sehr dick von Stoff und starrend von Goldstickerei, dass sie so schwer wie Stiefel sind; man hing ihm das funkelnde Pontifikialkreuz um den Hals an goldener Schnur, steckte ihm den Ring des Fischers über den Seidenhandschuh und spreitete über all seine neun Trachten zum Schluss noch die wuchtendste, den Schleppmantel, zu sehen wie Morgenrot und Abendgold, der vor kostbarem Stickwerk nicht wallen konnte. So setzte man ihn auf den goldenen Stangenstuhl, und Jünglinge in Scharlachseide trugen ihn durch die Basilika, ganz umher, mit Frommen angefüllt wie sie war bis zum letzten heidnischen Marmorstück ihres Fußbodens. Zum Hauptaltar über dem Grabe trugen sie ihn, da feierte er seine Krönungsmesse, wie er es sehr wohl vermochte. Viele Bischöfe und Erzbischöfe saßen da um ihn und glänzten wie Sterne; und genug andere Herren, Äbte und Judices. Sang und Wonne waren da groß und mannigfaltig.

Danach wurde er, während der Glockenschwall noch andauerte, rund um den Platz Sankt Peter getragen, dann aber führten sie ihn auf überliefertem Wege, hügelauf und -ab, durch die Triumphbögen der Kaiser Theodosius, Valentinian, Gratian, Titus und Vespasian, die Sancta Via neben dem Colosseum dahin zu seinem Hause, dem Lateran.