Gott im Abseits



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Die Aktion ?Steilpass? unterstützt die Forderungen der Menschen in Brasilien nach mehr Fairness und Gerechtigkeit.




Gott und die WM



1. Am achten Tag schuf Gott den Ball. Und er sah, wie die Menschheit fasziniert davon war, und er schenkte Ihnen die Weltmeisterschaft. Als nun das WM-Finale 2006 vor der Tür stand, hatte Gott ein Problem: Jeden Morgen, wenn er aufstand, brachten ihm die Engel die Gebete aus den Ländern der Finalteilnehmer. Das ging nun schon seit Tagen so, und obwohl es jeden Tag mehr wurden, nahm Gott sich die Zeit jedes einzelne Gebet zu betrachten.

Ein kleiner Junge aus Matsubara brachte ihn sogar laut zum Lachen. Er betete: ?Lieber Gott, wenn du Brasilien die 6. Weltmeisterschaft schenkst, dann werde ich nie wieder Schnaps in den Fressnapf von Omis Katze schütten." Ein alter brasilianischer Fischer versprach sogar übermütig, nie wieder im Beichtstuhl zu lügen. In Köln hatte ein Verwaltungsangestellter schon am Abend nach dem gewonnenen Halbfinale damit begonnen, einen Schrein in schwarz-rot-goldenen Farben zu basteln.. Außen klebte die deutsche Panini-Nationalelf und im Inneren hatte er Zigaretten und ein paar farbkopierte Euro-Scheine fein säuberlich aufgestapelt. Sein Opfer war unmissverständlich. Björn aus Bremen hatte seinen Ziegenbock mit einer grünweissen Werder-Decke eingekleidet. Der Bock Otto hatte ihm schon immer Glück gebracht, wenn es um die ?Jahrhundertspiele" ging. In den Tagen vor dem Finale durfte er sich sogar in der ganzen Wohnung aufhalten. Das würde zwar Wochen später noch ziemlich stinken, aber es hatte schon einmal beim Europacupsieg der Werderaner 1992 Glück gebracht.

Manche Wünsche waren mit einem Versprechen verbunden, andere wurden einfach so ins Nachtgebet mit eingeschlossen, und über 30 Gebete kamen sogar von einem Fanclub direkt aus der Kapelle der Arena auf Schalke. Als nun der Tag des Finales kam und sich kurz vor dem Anpfiff ein Kribbeln und großer Nervenkitzel über die ganze nervöse Welt ausbreitete, hatte Gott fast alle Gebete gehört. Selbst aus den Kabinen des Stadions waren einige ernsthafte Gebete der Finalteilnehmer zu ihm gebracht worden. Über 2 Milliarden Zuschauer saßen an diesem Sonntagnachmittag gespannt vor dem Fernseher, um das WM-Finale zu verfolgen. Gott hatte sich extra frei genommen, um auch zuschauen zu können. Was die vielen Gebete betraf, wollte er seinen Ruf, gerecht zu sein, auf jeden Fall wahren. Jedes Gebet und jedes Versprachen, das ernst gemeint war, hatte er sorgfältig in einer Kiste verstaut, die nun auf seinem Schoß stand. Die anderen Bitten, die an Tiere und Geister gerichtet waren - und somit nicht an ihn - hatte er in einer etwas größeren Kiste neben seinen Füßen stehen.

Der Moment der Entscheidung kam von Minute zu Minute näher. Gottes einziges Problem bei den vielen Gebeten bestand darin, dass er für die rassigen Brasilianer genauso schwärmen konnte wie für die disziplinierten Deutschen. Was sollte er also tun?

2. Während die Nationalhymnen gespielt wurden ? ein leichtes Mitwippen bei Gott war nicht zu übersehen -, hatte er nun eine Idee: Er würde das allerletzte Gebet bis zum Moment des Anpfiffs abwarten, um dann noch einmal all die Gebete nach folgenden Kriterien durchzugehen: Es sollten ausschließlich die Gebete erhört werden, die nicht parteiisch waren, die nicht um ein bestimmtes Ergebnis baten und die auch nicht irgendjemandem schaden würden- wie zum Beispiel die Gebete mancher Argentinier, die ihren Nachbarn den Sieg auf keinen Fall gönnen wollten. Als nach wenigen Sekunden das Ergebnis vorlag, ging ein Raunen durch die Engelschar. Exakt drei Gebete entsprachen den Kriterien und blieben übrig.

3. Eines stammte von einem älteren Mann aus Curitiba. Er hatte in seinem langen Leben bisher alle Finalteilnahmen der Brasilianer live am Fernseher  mitverfolgt. Da er nicht wußte, ob er mit seinen 94 Jahren überhaupt noch ein weiteres WM-Finale erleben würde, betete er vor dem Anpfiff zu Gott, dass es das spannendste Endspiel aller Zeiten werden sollte, mit unglaublich vielen schönen Toren. Mit einem wunderschönen Flugkopfball hatte Klose gerade das 3:2 für Deutschland erzielt und seinen Jubellauf mit einem gekonnten Salto vor der Eckfahne beendet. Nur noch 9 Minuten waren jetzt zu spielen, und Gott entschied, dass es an der Zeit wäre, sich das zweite Gebet anzuschauen.

Eine Frau aus Schwabing hatte es an diesem Sonntag direkt nach dem Gottesdienst ausgesprochen. Ursprünglich war sie in die katholische Kirche gegangen, um eine Kerze für das deutsche Team anzuzünden. So hatte sie es immer gemacht, wenn Deutschland in einem WM-Finale stand. Als sie nun an diesem Morgen im Gottesdienst saß, sprach der Pastor von einem ganz seltenen Glück auf Erden. Es könne einem nur dann widerfahren, wenn man seine Feinde höher achten würde als sich selbst und sie sogar segnen würde. So etwas hatte sie noch nie zuvor gehört, und wenn sie ehrlich war, verstand sie auch nicht so recht, warum das so sein sollte. Doch als die Glocken am Ende des Gottesdienstes läuteten, beschloss sie, zum ersten Mal keine Kerze anzuzünden und stattdessen Gott darum zu bitten, dass er die Spieler der anderen Mannschaft segnen sollte.

?Und da isses-Wahnsinn, das hält man doch im Kopf nicht aus!?, brüllt Marcel Reif in sein Mikrofon. ?Ausgerechnet Paulino macht das 4:3, da hat die deutsche Abwehr komplett geschlafen.? Ein Doppelschlag innerhalb von 3 Minuten.

Doch die Aufmerksamkeit der Engel gilt längst nicht mehr dem Spiel. Alle Blicke sind wie gebannt auf Gott gerichtet, der sich nun dem dritten Gebet widmet. Ein kleiner Junge aus Kopenhagen hatte es geschickt. Im Kindergarten war er in dieser Woche oft sehr traurig gewesen, wenn die anderen sein mühsam gebautes Spielhaus einfach umgeworfen hatten. Ein größerer Junge nahm ihm manchmal sogar seine Spielsachen weg. Am Abend vor dem Endspiel hatte er nun vor dem Einschlafen gebetet: ?lieber Gott, bitte mach, dass im WM-Finale keiner dem anderen etwas wegnimmt, und bitte mach, dass keiner etwas Böses tut.

Gellendes Pfeifkonzert der 70 000 Zuschauer. Während eine Spielertraube wild gestikulierend um den Schiedsrichter herumspringt, feiern die brasilianischen Fans bereits den Siegestreffer. Der Schiedsrichter hat ganz klar auf Tor entschieden, und da er sich auf keinerlei Diskussionen einlassen will, zeigt er nun gleich zwei Deutschen die gelbe Karte. Kopfschüttelnd, mit entsetztem Blick gehen manche langsam aus dem Mittelkreis wieder in ihre eigene Hälfte. Alles wartet nun auf den Anstoß der Deutschen ? manche haben den Blick noch zur Anzeigetafel gerichtet; es kann nicht mehr lange zu spielen sein. Doch der Kapitän steht immer noch aufgebracht beim Schiedsrichter und spricht beinahe flehend auf ihn ein. In diesem Moment läuft einer der brasilianischen Spieler zu den beiden Männern im Anstoßkreis. Alles schaut nun gebannt auf das Trio, während die Samba-Rhythmen der Trommeln jetzt immer mehr verstummen:? Was passiert denn jetzt eigentlich da unten ?? Inzwischen sind beide Linienrichter dazugeeilt und auch der Kapitän der Brasilianer ?Er sagt es doch gerade selber?, konnte man kurz hören. Der Schiedsrichter versteht kein Portugiesisch. ?It was hand?, wiederholt der Brasilianer mit der Nummer 9. Es ist Paulinho, der Torschütze. Der Ball war ihm beim Dribbling leicht versprungen, doch bei einer Körperdrehung hatte er ihn mit der Hand so geschickt wieder korrigiert, dass er ihn im letzten Moment doch noch treffen konnte.

Erst jetzt erahnt man im Stadion die Aufregung der Spieler. Als der Schiedsrichter plötzlich die Hand hebt, trauen die Zuschauer ihren Augen nicht: Er entscheidet auf Freistoß für Deutschland im eigenen Strafraum - das Tor zählt nicht! Im Moment scheinen die Gefühle der Beteiligten überzukochen. Während manche Spieler des deutschen Teams sich vor Freude auf den Boden fallen lassen, zerren einige wütende Brasilianer am gelben Jersey ihres eigenen Mannes mit der Nummer 9. Der deutsche Kapitän stellt sich nun sogar schützend zwischen die erhitzten Brasilianer.  ?unglaubliche Szenen, die sich hier abspielen?, brüllt ein österreichischer Reporter in sein Mikrofon. ?Der Fußball- Gott  muss ein Deutscher sein?. Wenige Sekunden später folgt der Schlusspfiff, und es geht in die Verlängerung. Schon jetzt ist man sich einig, dass man gerade Zeuge des wohl spannendsten WM-Finales aller Zeiten wird.

In diesem Moment schaut Gott zu den Engeln rüber. Sie haben verstanden. Doch nach erneuter suche kehren sie mit leeren Händen zu ihm zurück und heben nur ratlos ihre Flügel. Keine weiteren Bitten waren eingegangen. In wenigen Momenten würde es schon mit der Verlängerung weitergehen. Alle Gebete hatte Gott erhört, so wie er es versprochen hatte, und er freute sich, die drei Beter mit glücklichen Gesichtern zu sehen. In diesem Augenblick wusste Gott, dass seine Arbeit getan war, und er beschloss, sich eine Pause zu gönnen, um das zu tun, was er dabei immer am liebsten machte, nämlich den Menschen bei all ihren spannenden Erlebnissen zuzuschauen ?und am allerliebsten natürlich beim Fußballspielen.

Aus : David Kadel, Fußball-Gott, 2002


Fußballweissheiten


Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift.
Franz Beckenbauer


Bei so einem Spiel muss man die Hosen runterlassen und sein wahres Gesicht zeigen.
Alexander Strehmel


Da hegt er, ein großer Spieler. Ein Mann wie Steffi Graf!
Reporter Jörg Dahlmann


Da haben Spieler auf dem Spielfeld gestanden, gestandene Spieler.
Fußball-Experte Günter Netzer


Man darf in jetzt nicht übers Knie brechen
Früherer Teamchef Rudi Völler


Da gehe ich mit Ihnen ganz chloroform
Deutschlands Bundestrainer Helmut Schön (?)


Ich hoffe, dass dieses Spiel nicht mein einziges Debüt bleibt.
Nationalspieler Sebastian Deisler


Das Chancenplus war ausgeglichen
Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus


Ich habe in nur ganz leicht retuschiert
Ex-Nationalspieler Olaf Thon


Ich weiß auch nicht, wo bei uns der Wurm hängt
Oberhausen-Profi Fabrizio Hayer


Ja, der FC Tirol hat eine Obduktion auf mich
Peter Pacult, früherer Trainer von 1860 München


Da habe ich gedacht, da tu ich in ihm rein in ihn ihm sein Tor
Kopfball-Ungeheuer Horst Hrubesch


Uns steht ein hartes Programm ins Gesicht
Ex-Lautern-Trainer Andy Brehme


In einem Jahr hab ich mal 15 Monate druchgespielt
Franz Beckenbauer über seine Zeit als Spieler


Ich glaube nicht, dass wir das Spiel verloren hätten, wenn es 1:1 ausgegangen wäre
Bayern-Manager Uli Hoeneß


Unsere Chancen stehen 70:50
Ex-Stuttgart-Profil Thorsten Legat


Der ist mit allen Abwassern gewaschen
Der frühere Dortmunder Norbert Dickel über seinen Teamkollegen Frank Mill


Mailand oder Madrid - Haupsache Italien
Ex-Nationalspieler Andy Möller


Da stolziert er über den Platz und dann verschießt er, es gibt doch noch einen Fußballgott
Andreas Möller


Die Wahrheit liegt auf dem Platz
Otto Rehagel


Es war die Hand Gottes
Diego Maradonna


Wenn der Kaiser spricht, legen sogar die Engel ihre Harfen beiseite
Max Merkel


Wenn ich auf Schalke bin, weiß ich was es heißt:
Ich bin weg - weggerissen aus meinen Sorgen und Nöten, Verpflichtungen und Terminen
Franz Hengsbach


Wenn ich übers Wasser laufe, dann sagen meine Kritiker, nicht mal schwimmen kann er
Berti Vogts


Ich habe die Champions League gewonnen.
Ich glaube ich bin der Auserwählte
J. Mourhino


Im Fußball bist du entweder Gott oder Bratwurst
Tamislav Maric


Was ist der Unterschied zwischen Uli Hoeneß und dem lieben Gott?
Der liebe Gott weiß, dass er nicht Uli Hoeneß ist
Günter Grünwald